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10 Fragen an den Tierarzt/Fachtierarzt |
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Übersicht » 10 Fragen an den Tierarzt/Fachtierarzt |
11.12.2024, 03:53 |
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10 Fragen zur Haut Verfasst am: 27.10.2016, 19:19 |
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Für das Interview über Hautkrankheiten konnten wir Dr. Axel Bogitzky gewinnen, der uns gerne Einblicke in seinen Arbeitsschwerpunkt gewährt hat. << HERZLICHEN DANK >>
Juckreiz und häufig auch offene Stellen zeichnen den Leidensweg der Hautkrankheiten
TJ: Woran liegt es, dass zunehmend Hunde Probleme mit ihrer Haut (oder Fell) entwickeln?
Dr. Axel Bogitzky: Zumindest hinsichtlich der allergischen Hauterkrankungen kann man sich diesem Eindruck kaum noch erwehren, schaut man sich nur einmal das ständig wachsende Angebot an „Sensitiv-“ oder „Hypoallergen-“ Hundefutter an. Sicher spielt hier aber auch die zunehmende Sensibilisierung für diese Problematik bei Hundebesitzern und Tierärzten hinein.
Fakt ist aber, dass eine Allergieneigung vererbt werden kann. Wird dies aus Unwissenheit oder Ignoranz in der Zucht nicht berücksichtigt, wie nicht selten bei „in Mode“ gekommenen Rassen, so sehen wir diese dann gehäuft in der dermatologischen Sprechstunde.
TJ: Sind Terrier – insbesondere Westies - besonders oft betroffen?
Dr. Axel Bogitzky: Der Westie galt lange Zeit ja als das Paradebeispiel für den allergischen und hautproblematischen Hund. Aus eigener Erfahrung heraus laufen ihm aber andere Rassen durchaus den Rang ab. Wir sehen momentan z. B. sehr viele französische Bulldogen mit allergischen Hauptproblemen, was, wie schon angesprochen, mit einer gestiegenen Beliebtheit zusammenhängen kann.
Wenn es zu Problemen an der Haut kommt, so scheint der Westie häufiger und ausgeprägter mit Hefepilzen (Malassezien) und Haarbalgmilben (Pododemodikose durch Demodex canis) zu kämpfen
haben. Beides Erreger, die zur normalen Hautflora des Hundes gehören, weshalb man hier dann auch nach der zugrundeliegenden Ursache für solch ein „Umkippen“ der Hautflora suchen sollte.
Eine weitere Demodex-Art, Demodex injai, wurde bisher fast ausschließlich bei Terriern nachgewiesen, die infolge u.a. eine ölige Seborrhö im Rückenbereich ausbilden.
Dermatomykosen (Hautpilzerkrankungen) finden sich wiederum nicht selten bei Yorkies und Jack Russell Terriern.
TJ: Leiden Hunde auch unter Umweltallergien, wie z.B. einer Pollenallergie?
Dr. Axel Bogitzky: Ja, doch während der menschliche Heuschnupfenpatient Probleme mit den Atemwegen bekommt, reagiert der Hund mit der Haut.
Der typische Leidensweg eines Pollenallergikers beginnt i.d.R. mit 1-3 Jahren. Zuerst fällt der Hund nur in den Sommermonaten mit leichtem bis mittlerem Juckreiz an Pfoten, Lefzen und Bauch auf. Über die Jahre steigern sich die Beschwerden, dehnen sich die Entzündungen aus, werden heftiger und ausgeprägte Sekundärinfektionen gesellen sich dazu. Mit Kortison und Antibiotika lassen sie sich anfangs noch ganz gut behandeln, mit den Jahren hilft dies aber oft immer weniger. Hier ist ein gutes, auf den Hund zugeschnittenes Allergiemanagement gefragt.
Heilen lässt sich eine Allergie zwar nicht, aber die Folgen doch meist soweit beeinflussen, dass die Lebensqualität dieser Hunde deutlich verbessert wird.
TJ: Warum sind Ohren oft mitbetroffen?
Dr. Axel Bogitzky: Als Einstülpungen der Haut sind die äußeren Gehörgänge den gleichen Einflüssen unterworfen und können entsprechend reagieren. So kann eine immer wieder rezidivierende Ohrenentzündung auch Ausdruck einer Futter- oder Umweltallergie sein.
Durch den langen und verwinkelten Ohrkanal des Hundes bemerkt man als Besitzer leider aber oft erst spät, was sich da in der Tiefe so alles zusammenbraut.
TJ: Atopica und Apoquel vs. Cortison und Antibiotika.
Wo liegen die Vor- bzw. Nachteile der neuen Therapien?
Dr. Axel Bogitzky: Grundsätzlich muss man sich bewusst machen, dass hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikamente große individuelle Unterschiede bestehen.
So ist man froh, bei der Behandlung von Allergien oder auch Autoimmunkrankheiten nicht nur auf eine Wirkstoffgruppe angewiesen zu sein. Ciclosporin A (z.B. Atopica*) ist aus der Transplantationsmedizin des Menschen zur Unterdrückung von Abstoßungsreaktionen bekannt und steht uns in der Tiermedizin schon etwas länger als das Oclacitinib (z.B. Apoquel*) zur Verfügung. Dieses gehört zu einer ganz neuen Wirkstoffklasse (Januskinasenhemmer), die auf körpereigene Botenstoffe ausgerichtet sind, im Falle des Oclacitinib auf die am Juckreiz beteiligten.
Leider fehlen hier noch Erfahrungen hinsichtlich der Langzeitanwendung.
Im Vergleich zu den Glukokortikoiden ist bei solchen Innovationen natürlich mit höheren Kosten zu rechnen. Doch nicht nur aus Kostengründen bleiben Glukokortikoide, wie auch die Antibiotika zur Bekämpfung von Sekundärinfektionen, wichtige Therapieoptionen bei der Behandlung von Allergien und Autoimmunerkrankungen.
Richtig eingesetzt lassen sich deren Nachteile auch in Grenzen halten. *
TJ: Medizinische Bäder. Wie wichtig sind sie für den Heilungsprozess?
Dr. Axel Bogitzky: Medizinische Shampoos sind eine ganz wichtige Säule der Hauttherapie beim Hund. Neben dem Abwascheffekt (von Erregern, Pollen und anderen unerwünschten Verunreinigungen) nutzen wir auch die Möglichkeit, Wirkstoffe ganz gezielt der Haut zuzuführen.
Die Vielzahl von medizinischen Shampoos ermöglicht es, ein genau auf den individuellen Fall zugeschnittenes Produkt zu finden. Hier sei nur exemplarisch auf desinfizierende, hautberuhigende, die Hautbarriere aufbauende, feuchtigkeitsspendende, neuerdings sogar Abwehr anregende Inhaltsstoffe, hingewiesen. Bei den letztgenannten handelt es sich um pflanzliche Substanzen, die die Bildung körpereigener Peptide provozieren sollen.
TJ: Welche Hauterkrankungen von Hunden sind übertragbar auf Menschen?
Dr. Axel Bogitzky: Eine ganze Reihe von Erregern von Hauterkrankungen des Hundes ist auf den Menschen übertragbar. Hierzu zählen z.B. die Sarcoptes- und Cheyletiella-Milben. Auch Flöhe verschmähen das Blut vom Menschen nicht.
Bei Hautpilzerkrankungen (Dermatophytosen), insbesondere wenn es sich um Microsporum canis handelt, ist besondere Vorsicht geboten, da diese recht ansteckend für den Menschen sein können.
Von den schon genannten Hefepilzen (Malassezien) des Hundes geht hingegen keine große Gefahr aus. Wir Menschen haben unsere eigenen Malazessienarten, die auch bei uns zur normalen Hautflora gehören.
TJ: Kann ein Hundebesitzer Hautproblemen vorbeugen?
Dr. Axel Bogitzky: Haut- und Fellqualität sind ja auch Ausdruck der allgemeinen Gesundheit des Hundes. Deshalb können alle auf die Gesundheit des Tieres ausgerichteten Maßnahmen helfen, von einer ausgewogenen Ernährung bis hin zur ausreichenden Bewegung. Speziell für die Haut sollte eine gute Prophylaxe gegen Ektoparasiten durchgeführt werden.
Nicht für die Vorbeugung von Allergien, aber im Hinblick auf die Diagnostik einer Futtermittelallergie kann es von Vorteil sein, wenn man dem Hund noch nicht allzu viele verschiedene Futtersorten (insbesondere Fleischarten) angeboten hat. Zum sicheren Ausschluss einer Futtermittelallergie ist man auf die Durchführung einer Eliminationsdiät angewiesen. Und hierbei muss dem Hund über 8 bis 12 Wochen eine ihm noch nicht bekannte Protein- und Kohlenhydratquelle gefüttert werden!
TJ: Gibt es „natürliche Mittel“, die eine Hauterkrankung positiv unterstützen können?
Dr. Axel Bogitzky: Zu den natürlichen Mitteln gehören z.B. die essentiellen Fettsäuren. Sie sind nicht nur Bestandteil der Hautschutzbarriere, sondern können auch zu einer allgemeinen Entzündungshemmung beitragen. Das Hauptaugenmerk ist hier auf Omega3- und Omega6-Fettsäuren gerichtet, die in größeren Mengen in Ölen von Kaltwasserfischen vorkommen. Die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexensäure (DHA) werden in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnt.
Neben dieser Anwendung von innen heraus, steht auch eine Vielzahl von natürlichen Substanzen zu äußerlichen Anwendung zur Verfügung. Hier kann man mittlerweile unter Shampoos, Schäumen, Sprays und Spot-ons wählen. Haferextrakte, Hammamelis, Teebaumöle und Pflanzenextrakte sind nur einige der vielen, natürlichen Inhaltsstoffe solcher Produkte.
TJ: Zum Abschluss ein ganz aktuelles Thema: Herbstgrasmilben.
Viele Hundebesitzer beklagen in diesem Jahr einen extremen Befall mit Herbstgrasmilben. Was kann man dagegen tun? Und wie kann man vorbeugen?
Dr. Axel Bogitzky: Neotrombicula autumnalis ist wirklich ein lästiger Plagegeist für viele Hunde. Ihre Verbreitung ist großen regionalen Unterschieden unterworfen, und selbst in befallenen Regionen kann die eine Wiese stark, eine andere in der Nähe gar nicht betroffen sein.
Die Larven warten am Ende der Grashalme auf ihre Opfer (auch Menschen), um sich dann bevorzugt in den Zwischenzehenbereichen, aber auch den Achseln und Leisten für einige Tage festzusetzen. Häufig lassen sich die orangenfarbenen Ansammlungen schon mit bloßem Auge erkennen. Manchen Hunden bereitet dies keine Probleme, andere wiederum empfinden starken, quälenden Juckreiz, kratzen und lecken sich ausdauernd an diesen Stellen. Entzündungen und Sekundärinfektion sind die Folge. Hier ist dann eine schnelle Juckreizstillung gefragt (zum Beispiel mit Sprays eines wenig den Gesamtorganismus belastenden Glukokortikoids), wie auch die Behandlung der Sekundärinfektionen.
Die Vorbeugung scheint nicht ganz einfach zu sein. Unter den üblichen akariziden (milbenabtötenden) Antiparasitarika besitzt keines eine Zulassung gegen Herbstgrasmilben. Und so gibt es die unterschiedlichsten Erfahrungen, egal ob Spray oder Spot-on.
Sicher wirksam ist nur die Meidung besonders stark betroffener Wiesen und Weiden, damit sich der Hund nicht immer wieder neu infiziert.
Hierbei ist auch die Tageszeit und Witterung von Interesse. Die Larven lieben trockenes, warmes Wetter und ziehen sich bei Feuchtigkeit ins Erdreich zurück.
Ist der eigene Garten betroffen, sollte man den Rasen möglichst kurz halten, oft mähen und das Gras entsorgen (nicht auf den Kompost werfen).
Und auch wenn es unsere Hunde auch noch so lieben, auf das Wälzen im Gras sollten sie in der Grasmilbensaison von Spätsommer bis zum Winter verzichten.
Kontaktadresse:
Dr. med. vet. Axel Bogitzky
Dermatologische Sprechstunde immer freitags
Tierärztlichen Gemeinschaftspraxis
Dres. Pingen und Navarra
Gut Bergerhof
50259 Pulheim
Tel. 0049 (0)2234/ 82670
* Anmerkungen der Redaktion
Dr. Bogitzky ist ebenfalls Autor der Bücher:
Grundkurs Erste Hilfe für Heimtiere
https://www.amazon.de/Grundkurs-Ers....eywords=dr.+axel+bogitzky
Reiseratgeber für Hundehalter
https://www.amazon.de/Reiseratgeber....eywords=dr.+axel+bogitzky |
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