Therapie der Hyperaktivität



 
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seekrabbe
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BeitragVerfasst am: 30.8.2012, 09:39    Titel: Therapie der Hyperaktivität    

Hyperaktive Hunde sind lästig. Oft besteht bei den Besitzern ein erheblicher Leidensdruck. Sie sind verärgert, und manchmal nicht mehr in der Lage, wohlwollend mit ihrem Hund umzugehen. Veränderung durch Therapie ist jedoch möglich. In den allermeisten Fällen verbessert sich das Verhalten des Hundes nicht plötzlich, sondern im Laufe mehrerer Wochen, Monate oder Jahre.

Die Ziele der Therapie sind:

Für den Menschen:
>Verständnis des Besitzers für das Verhalten seines Hundes
>Erleichterung für den Besitzer im Umgang mit den Verhaltensweisen, die ihn am meisten belasten
>Verbesserung der Beziehung Hund – Mensch

Für den Hund:
>Beseitigung möglicher organischer Ursachen
>Herabsetzung der Reizempfindlichkeit und der Reaktionsstärke des Hundes
>Stressabbau
>Verbesserung der Beziehung Hund – Mensch

Wie so häufig in der Verhaltenstherapie gibt es eine Reihe von möglichen Maßnahmen. Für jeden Hund muss aus diesen Möglichkeiten der passende Maßnahmen-“Cocktail“ zusammengestellt werden. Im Laufe der Therapie werden die Maßnahmen immer neu den Erfordernissen von Mensch und Hund angepasst.
Für den hyperaktiven Hund ist es wichtig, dass nicht zu häufig neue Trainingselemente eingeführt oder Regeln verändert werden. Veränderungen können Unsicherheit, Konflikte oder Frustration hervorrufen, was die Hyperaktivität des Hundes steigern kann.

1. Ungeeignete Maßnahmen

a. Körperliche Auslastung
b. Strafen / Zurechtweisung
c. Einsperren / Anleinen


2. Tierärztliche Untersuchung:

Blutentnahme: Screening und Schilddrüse, gründliche Untersuchung v.a. bez. orthopädischer und neurologischer Probleme sowie Schmerzprozesse


3. Information der Besitzer

a. Umdeutung: Hyperaktivität ist nicht „ungezogen“
b. Symptome, Ursachen, vorsichtige Aussagen zur Prognose
c. Verhaltensänderung beim Besitzer: Geduld, Sturheit, Gelassenheit (langsame Bewegungen)


4. Arbeit an den Verhaltensweisen, die für den Besitzer am störendsten sind

a. Management
b. Möglicherweise Beginn des Trainings an diesen Verhaltensweisen


5. Verbesserung der Reizverarbeitung und der Impulskontrolle

a. Sensorische Diät
b. Stimulation bestimmter Sinne
c. Impulskontrollübungen
d. Wenige, aber feste Regeln
e. Integrierte Gehorsamsübungen
f. Abbruchsignal


6. Beziehungsarbeit
a. Vertrauen
b. Respekt
c. Bindung


7. Training an Situationen, die für Hund und Mensch schwierig sind


8. Geeignete Beschäftigungen


Anhang: Quellen: Humanliteratur Ergotherapie, Psychologie heute, Lindsay 1.


1. Ungeeignete Maßnahmen

Nach meiner Erfahrung wird störende Lebhaftigkeit beim Hund häufig mit einer Kombination aus körperlicher Auslastung, Strafen und räumlicher Begrenzung (Anbinden oder Einsperren) bekämpft. Alle drei Maßnahmen können Hyperaktivität verschlimmern.
Lebhaften Hunden muss die Möglichkeit gegeben werden, sich intensiv körperlich zu betätigen. Werden vor allem schnelle, stimulierende (Ballspiel, Spiel mit anderen Hunden) oder sehr anstrengende (lange Radtouren) Bewegungen gewählt, dann sind die Hunde kurzzeitig erschöpft und damit ruhig. Langfristig kann die Lebhaftigkeit der Hunde gesteigert werden:

> Diese Beschäftigungen können das Stressniveau des Hundes steigern.

< Der Hund entwickelt eine Erwartungshaltung:
er erwartet Aufregung und schnelles Spiel – und gerät in entsprechende Stimmung, schon bevor z.B. das Spiel beginnt. So kann Aufregung schon beginnen, wenn der Besitzer etwa vom Arbeitsplatz aufsteht oder nach dem Mantel greift.

> Er hat Freude daran, und möchte diese Beschäftigung immer häufiger erleben.

Strafen incl. Zurechtweisungen können Hunde erheblich stimulieren.
Dieser Zusammenhang wurde im Teil II ausführlich erläutert.
In nahezu allen Fällen von Hyperaktivität, die mir in der Praxis vorgestellt werden, haben Strafen eine verschlimmernde Rolle gespielt.

Räumliche Begrenzung (z.B. Hundebox) kann lebhaften Hunden helfen, zur Ruhe zu kommen.
Ist ein Hund nur unzureichend an die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit gewöhnt oder kommt eine zusätzliche Stimulation dazu, dann kann die Begrenzung ganz erhebliche Frustration (sog. Barrierefrustration) auslösen.


2. Tiermedizinische Untersuchung

In beiden vorangegangenen Teilen wurde erläutert, wie wichtig eine gründliche medizinische Untersuchung ist.
Dazu sollten eine Blutentnahme (alle wichtigen Blutwerte und Schilddrüsenwerte) und eine gründliche allgemeine Untersuchung (v.a. orthopädisch und neurologisch sowie Suche nach Schmerzen) gehören.


3. Information der Besitzer

Es erleichtert viele Besitzer, zu erfahren, dass ihr Hund nicht „ungezogen“ oder „dominant“ ist.
Die Erläuterung der Symptome und Ursachen, die seinen Hund betreffen, können ein neues Verständnis für den Hund hervorrufen. Das gilt ganz besonders dann, wenn aufgrund eines schweren Deprivationssyndroms von einem dauerhaften Schaden ausgegangen werden muss.
Mit etwas Glück fällt es Herrchen oder Frauchen nun leichter, das eigene Verhalten zu ändern, z.B. § auf aversive Maßnahmen weitgehend zu verzichten

> Geduld für den Veränderungsprozess aufzubringen, der langwierig sein kann

> mit ruhiger „Sturheit“ die notwendigen Maßnahmen gegenüber dem Hund durchzuführen

> zu lernen, sich selber beim Zusammensein mit dem Hund gelassen und langsam zu bewegen.

> Verhaltensweisen zu unterlassen, die Unruhe belohnen oder stimulieren.

Ein weiterer Punkt ist wichtig:
Beim Umgang mit hyperaktiven Hunden ist es extrem wichtig, dass das Timing und die Technik bei der Durchführung der Maßnahmen korrekt sind. Die „Fehlertoleranz“ dieser Hunde ist oft niedrig. Der Verhaltenstherapeut muss den Besitzer besonders sorgfältig schulen.

Durch die Information des Besitzers und der Arbeit an den störenden Verhaltensweisen kann den Besitzern sofort geholfen werden. Die grundlegende Veränderung des Verhaltens ist ein Prozess, der langsam sein kann. Es sollte auf jeden Fall eher mit Monaten als mit Wochen gerechnet werden.


4. Arbeit an den Verhaltensweisen, die für den Besitzer am störendsten sind

Um den Leidensdruck des Menschen zu mindern und ihn zur Durchführung der weiteren Therapiemaßnahmen zu motivieren, halte ich es für sehr wichtig, sofort zu besprechen, wie mit den „schwierigen“ Verhaltensweisen des Hundes umgegangen werden kann:

> Können sie vermieden oder abgeschwächt werden
(Beispiele: Dämpfung der Aussenreize durch ein laufendes Radio, Meidung bestimmter Spaziergehgebiete, Freilauf mit schleppender Leine

> Was kann der Mensch tun, wenn die Verhaltensweisen auftreten
(z.B. wenn der Hund „wild“ wird, den Raum verlassen; dem Hund etwas Erlaubtes zur Beschäftigung anbieten etc.)?

Diese Maßnahmen haben noch nichts mit Therapie oder Training zu tun. In manchen Fällen können sie das unerwünschte Verhalten „begünstigen“ (z.B. Anbieten von erlaubten Beschäftigungen). Es ist jedoch nicht immer möglich „Sofortmaßnahmen“ vorzuschlagen, die dem Menschen Erleichterung verschaffen UND therapeutisch sinnvoll sind.

In Fällen mit geringer ausgeprägter Hyperaktivität kann sofort begonnen werden, durch z.B. Alternativverhalten oder Gegenkonditionierung an den „schwierigen“ Verhaltensweisen zu arbeiten. Bei sehr vielen Hunden muss dies erst einmal zurückgestellt werden, bis der Hund besser trainierbar ist.

Einige „Problemverhaltensweisen“ bessern sich oder verschwinden, wenn der Hund ruhiger geworden ist. Meistens muss jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt der Therapie daran gearbeitet werden.


5. Verbesserung der Reizverarbeitung und der Impulskontrolle

5.a. Sensorische Diät
Hunde, welche die permanente Reizflut schlecht filtern und deswegen ein Übermaß an Stimulation erleben, muss geholfen werden, indem diese Reizflut reduziert wird.
Das kann erfolgen, indem allgemein die Erlebnismenge reduziert wird, durch:

> weniger Abenteuer
(Autofahrten, Hundeplatzbesuche, übermäßiges Spiel, weniger oder kürzere Spaziergänge, Spaziergänge in ruhigen Umgebungen, in immer denselben Umgebungen,...)

> einen festen Tagesablauf
(weniger Überraschungen, mehr Erwartungssicherheit).

Außerdem ist es sinnvoll, für den Hund zwei Listen anzufertigen:

Auf der ersten Liste werden alle Auslöser und Situationen notiert, die den Hund in Aufregung versetzen, die ihn also lebhafter machen.
Beispiele dafür sind:
Klingeln an der Tür, Mensch macht sich zum Ausgehen fertig, bestimmte Spaziergehumgebungen, der Anblick fremder Hunde, die am Haus vorbeigehen.

Die zweite Liste enthält alle Situationen, in denen der Hund sich entspannt
(z.B. durch Bürsten, Kauen, wenn Herrchen am Schreibtisch arbeitet, fernsieht oder die Zeitung liest, durch einen langen langsamen Spaziergang, durch einen kurzen langsamen Spaziergang, Freilauf ohne zusätzliche Stimulation, ruhige Kopfarbeit....).

Dabei kann dieselbe Sache für den einen Hund beruhigend, für den anderen aufregend wirken.

Die Besitzer sollen nun versuchen, alle Situationen, die den Hund zur Ruhe bringen, möglichst häufig herzustellen, und alles, was den Hund aufregt, zu vermeiden, oder durch feste Rituale zu entschärfen.

Für einen Hund mit Reizverarbeitungsstörungen bietet das „normale Leben“ Stimulation genug. Die Umstellung des Tagesablaufes darf nicht zu radikal sein, da übermäßige Frustration vermieden werden muss.
Die im Folgenden vorgeschlagenen Maßnahmen helfen den Hund ausreichend zu bewegen und seinen Kopf zu beschäftigen.

5.b. Stimulation bestimmter Sinne
Es gibt neurologische Untersuchungen, die nahe legen, dass die Stimulation bestimmter Sinne die inneren „Filter“ stärken kann - und damit ihre Fähigkeit, die Reizflut „auszusortieren“. Die humane Ergotherapie macht sich diesen Zusammenhang zu Nutze. Es sollen dabei vor allem folgende Sinne angesprochen werden: Tiefenreflexe, Gleichgewicht, Berührungswahrnehmung der Haut und Maulschleimhaut.

WICHTIG: Es gilt die Regel „langsam und fest“.
Alle Bewegungen und Behandlungen sollten langsam und kräftig ausgeführt werden. Dabei kann eine Maßnahme dem einen Hund helfen, sich langsam und konzentriert zu bewegen, den anderen Hund aber aufregen. Wählen Sie Maßnahmen aus, die der Hund erfolgreich durchführen kann, und die ihm helfen, sich langsam und konzentriert zu bewegen. Experimentieren Sie mit der Dauer. Beginnen Sie mit wenigen Minuten und verlängern Sie die Dauer von Trainingseinheit zu Trainingseinheit.

Folgende Beschäftigungen bieten dies:

> Starke, langsame Muskelaktivität „Bergsteigen“, Klettern über Baumstämme, Podeste, Siloballen, Steigen über Äste und Stöcke, Bodenhindernisse, Reifen, Kriechen, Slalom, A-Wand, Laufsteg, Tunnels, Tisch

> Waten durch Strohberge, Laubhaufen, Heuhaufen, Sumpf, Bäche, tiefen Schnee

> Bürsten (z.B. mit ZoomGroom) oder Zulassen von Selbststimulation der Haut (an Wänden, bestimmten Möbeln, Anbieten von „Kratzbrettern“)

> Gelenkmanipulation (Gelenke zusammenschieben oder auseinanderziehen) § Kauen (Füttern aus dem Kong, Knabbersachen, ev. langsame Zerrspiele)

> Gleichgewichtsübungen Matratzen, Kissen, Steppdecken, Luftmatratzen, Gummimatten auf Kissen oder Ähnlichem, Schaukelbretter, Balancieren (Baumstämme), Brücken, Hängebrücken, Schaukeln auf der Agility-Wippe

5.c. Impulskontrollübungen
Wenn Sie ein Leckerchen über den Hundekopf halten – dann ist der spontane Impuls das „Grabschen“ nach diesem Leckerchen. Wenn Sie das Leckerchen jedoch nur dann freigeben, wenn der Hund sich setzt – dann musste er seinen Impuls kontrollieren.

Ihr Ziel ist NICHT die Verbesserung des Gehorsams (auch wenn dieser Erfolg sich einstellen wird), sondern die Erhöhung der Selbstkontrolle des Hundes.

Darüber hinaus verbessern die nachfolgenden Übungen die Frustrationstoleranz des Hundes.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten:
> Gehorsam unter Ablenkung
> Unaufgefordertes Alternativverhalten
> Ausdauerübungen

Bei Gehorsamsübungen unter Ablenkung muss Überforderung unbedingt vermieden werden. Außerdem darf kein Druck durch Zurechtweisung, Strafe oder angespannte Stimmung auf die Hunde ausgeübt werden.

Als unaufgefordertes Alternativverhalten eignet sich sehr gut das Sitzen, aber auch Blickkontakt oder Liegen. Die oben beschriebene Sitz-Übung ist ein guter Einstieg.
Wird sie beherrscht, können die Anforderungen gesteigert werden (Verbesserung der Qualität des Leckerchens, Fordern der Übung aus dem Gehen heraus, Versetzen des Hundes in leichte Aufregung, leichtes bis intensives „Zappeln“ mit dem Leckerchen, Verwendung eines Spielzeugs, Verlängerung der Sitzdauer bis das Leckerchen fällt...).

Alle langen Sitz-, Platz-, Steh-, Bleib- und Bei-Fuß-Übungen sind Impulskontrollübungen.
Es ist wichtig, dass zu Beginn die Belohnungsrate sehr hoch ist! Es wird langsam und stetig belohnt (ev. sogar die gefüllte Leckerchenhand nahe an der Schnauze des Hundes). Nach kurzer Zeit wird die Übung beendet – und der Hund erlebt, dass die Belohnung abbricht, wenn er nicht mehr sitzt, liegt oder Bei Fuß geht. Auch wenn er selbständig die erwünschte Position verlässt, wird die Übung vorübergehend beendet. Die Übungsanforderungen können gesteigert werden, indem die Futterquelle sich von der Hundeschnauze entfernt, die Abstände zwischen den Leckerchen langsam gesteigert werden (variieren Sie die Zeitabstände, beginnen Sie immer mit kurzen Zeiten).

Werden Ausdauerübungen sehr gut beherrscht, dann können Ablenkungen eingeführt werden. Auch hier ist es wichtig, den Schwierigkeitsgrad sehr langsam und sorgfältig zu steigern.

WICHTIG: Alle Übungen zur Impulskontrolle müssen sehr langsam aufgebaut werden.
Nur dann werden sie lebhaften Hunden helfen, ihre Impulskontrolle zu verbessern.

> Der Erfolg des Hundes muss sicher eingeplant werden.
Der Besitzer bietet so viel Hilfe an, wie für den Erfolg notwendig (z.B. durch Signal „Sitz“).

> Der Besitzer darf keinen Druck ausüben (sonst beherrscht der Besitzer den Hund, aber nicht der Hund sich selber – die Impulskontrolle wird nicht verbessert).

> Wurden Gehorsams- oder Ausdauerübungen mit Strafen oder Druck antrainiert, sollten sie neu begonnen werden (denn der Hund muss üben, seine Impulse selbständig zu kontrollieren).

> Achten Sie auf Anzeichen von Konflikt (und schulen Sie den Besitzer darin, diese zu beobachten). Häufige Anzeichen oder hohe Intensität der Anzeichen sollten zum Abbruch der Übung und Neustart mit stark herabgesetzten Anforderungen führen. Wenige Anzeichen von geringerer Intensität bedeuten: keine Steigerung der Übungsanforderung, bis diese Anzeichen nicht mehr gezeigt werden.
Achten Sie auf entspannte Stimmung beim Training. Wiederholen Sie keine Übung mehr als drei Mal (eventuell nur einmal durchführen).


5.d. Integrierte Gehorsamsübungen
Gehorsamsübungen, die sehr gut beherrscht werden, sollten in den Alltag integriert werden. Sie helfen, die Impulskontrolle und Frustrationstoleranz zu verbessern.

Der Besitzer sollte überlegen, ob es Situationen gibt, in denen er seinen Hund mit Umgebungselementen belohnen kann (z.B. Weitergehen auf dem Spaziergang, Freilauf, Öffnen der Tür zum Garten, Suchen der Mittagsmahlzeit...) – und welches Verhalten (Sitzen, Blickkontakt, Warten...) er in diesen Situationen ohne großen Aufwand verlangen kann.

Zunächst werden nur Situationen genutzt, in denen der Hund relativ ruhig ist, und es ihm leicht fällt, die Übung durchzuführen. Zu Beginn führt der Hund die Übung auf Aufforderung aus. In einigen Situationen kann später auf unaufgefordertes Verhalten umgestellt werden (Anhalten an der Bordsteinkante, Hinsetzen vor der Gartentür).

Diese Gehorsamsübungen sollten zur festen Regel werden (d.h. z.B. Hinsetzen jedes Mal bevor die Gartentür geöffnet wird). Beginnen Sie mit ein oder zwei integrierten Übungen und führen Sie nach und nach bis zu 10 in den Alltag ein. Diese Übungen sollten für Hund und Mensch problemlos durchführbar sein, und dürfen nicht zu immer wiederkehrenden Konflikten geraten.

5.e. Wenige, aber feste Regeln

Im Leben eines lebhaften Hundes wird es mehr Verbote (z.B. alle Türen müssen immer geschlossen sein, er darf nicht alleine in den Garten oder niemals in die Küche) und außerdem nach und nach integrierte Gehorsamsübungen und andere Rituale geben. Zum Teil müssen sich nur die Menschen nach diesen Regeln richten (z.B. geschlossene Türen), zum Teil betreffen sie den Hund direkt (z.B. niemals in die Küche). Diese Regeln schaffen Vorhersehbarkeit, die dem Hund hilft.

Gibt es zu viele Regeln werden Mensch und Hund überfordert. Es macht daher Sinn, genau durchzusprechen, welche Regeln sofort erforderlich und auch durchführbar sind. Dann wird die Einhaltung dieser Regeln eingeübt. (Dazu braucht mancher Besitzer Zeit.)
Mit der Zeit können weitere Regeln ergänzt werden.


5.f. Abbruchsignal

Vielen Hundebesitzern hilft es, ein Abbruchsignal (z.B. „Lass das“, es bedeutet: Wende dich ab von dem, was Du da gerade zu tun beginnst) verwenden zu können. Für die Hunde kann es eine nützliche Information sein (auf dem Sessel liegen ist schön, aber die Schokolade auf dem Tisch steht nicht zur Verfügung). Es wird zunächst über Belohnung erlernt, und dann über Frustration ausgebaut („Lass das“ bedeutet: keine Chance auf Schokolade).


6. Beziehungsarbeit

Im Laufe eines guten Trainings wird die Beziehung zwischen Hund und Mensch verbessert. Der Mensch entwickelt Verständnis für die Bedürfnisse und die Ausdrucksweise des Hundes und respektiert ihn als eigenständige Persönlichkeit. Zuneigung und Bindung werden durch viele positive Erlebnisse intensiver. Der Mensch lernt den Hund zu lenken und ist zufriedener.

Der Hund macht im Laufe eines solchen Trainings zunehmend die Erfahrung, dass der Mensch interessant ist, dass keine Gefahr von ihm ausgeht – dass seine wichtigsten Bedürfnisse nach Sicherheit und Kommunikation befriedigt werden. Er beginnt dem Menschen zu vertrauen, und gewinnt immer mehr Freude an der Zusammenarbeit. Er entdeckt, dass er erfolgreich mit dem Menschen kommunizieren kann.


6.a. Vertrauen

Es ist außerordentlich wichtig, den Besitzer darin zu schulen, die Sprache des Hundes lesen zu lernen. Dadurch lernt er, die Bedürfnisse seines Hundes zu erkennen – und kann entscheiden, ob er diese Bedürfnisse befriedigen muss, oder ob der Hund in der Lage ist, die Frustration auszuhalten.

Viele Besitzer, die beginnen, ihren Hund besser zu verstehen, lassen von ungeschickten Verhaltensweisen (z.B. übermäßiges Streicheln oder Manipulieren) und verzichten zunehmend auf überflüssige Strafen. Die betroffenen Hunde entspannen sich immer häufiger im Zusammensein mit ihrem Besitzer, auch in bisher konfliktgeladenen Situationen. Sie sind besser ansprechbar.


6.b. Respekt

Die Verbesserung von Reizverarbeitung und Impulskontrolle bewirken, dass das Verhalten des Hundes weniger überschießend ist, und dass er eher in der Lage ist, Stoppsignale zu erkennen.

Das gezielte Training an unerwünschten Verhaltensweisen (z.B. Anspringen) trägt außerdem dazu bei, dass die soziale Hemmung des Hundes auch gegenüber seinem Menschen gesteigert wird.


6.c. Bindung

Eine stabile Bindung zum Besitzer bedeutet für den Hund das Gefühl von sozialer Sicherheit. Dies setzt die Reaktionsbereitschaft auf andere Reize herab.

Die Entstehung von Bindung wird durch gemeinsame angenehme Erlebnisse, miteinander verbrachte Zeit, und durch Körperkontakt (z.B. „Kontaktliegen“, siehe Bild) gefördert. Empfehlen Sie den Besitzern, den Hund zum Kontaktliegen zu ermutigen, und Zeit dafür einzuplanen (z.B. abends vor dem Fernseher).

7. Training an Situationen, die für Hund und Mensch schwierig sind


7.a. Vermeidung

Wenn möglich, sollten schwierige Situationen zunächst vermieden werden.


7.b. Unterbrechen

Tritt das unerwünschte Verhalten doch einmal auf, kann es durch Ablenken (Futter, Spiel) unterbrochen werden (siehe 3. Information der Besitzer).

Im Idealfall wird außerdem der Erfolg des Verhaltens (z.B. Weggehen des Eindringlings, Eingehen auf den Hund durch Spiel, Öffnen der gekratzten Tür) verhindert. Kennt der Hund ein Signal für Misserfolg (z.B. „Schade“) kann dieses nun angewendet werden.

In bestimmten Fällen (z.B. bei Beißeln) kann eine Auszeit nützlich sein. Sie kann hergestellt werden durch Ignorieren des Hundes (der Mensch dreht sich konsequent weg) oder durch Verlassen des Hundes (Verlassen des Raumes, Hinausbringen des Hundes, Anbinden des Hundes...). Sie wird vom Hund besser verstanden, wenn sie durch ein gelerntes Signal („Auszeit“) angekündigt wird.


7.c. Alternativverhalten: Aufbau von Ritualen

Kann das Verhalten des Hundes vorhergesehen werden (z.B. nach dem Anleinen beginnt das Beißeln), so kann für diese Situationen ein Alternativverhalten trainiert werden (z.B. Sitz, dann Futtersuche oder Bei Fuß Gehen).

Manche Alternativverhalten brauchen in ihrer Entstehung nur gefördert zu werden: herumliegendes Spielzeug z.B. animiert manchen Hund dazu, dieses zu benutzen statt der Hosenbeine der Besitzer. Geht der Mensch auf dieses erwünschte Spiel ein, so fördert er das Alternativverhalten.


7.d. Gegenkonditionierung

In vielen Situationen ist der Hund zu aufgeregt, um Alternativverhalten zeigen zu können. Dann muss zunächst gegenkonditioniert werden, bis der Hund die auslösende Situation z.B. mit Fressmotivation verknüpft hat.


8. Weitere geeignete Beschäftigungen: Nasenarbeit und Suchspiele

Alle Beschäftigungen, bei denen der Hund vergleichsweise ruhig und konzentriert bei der Sache ist, können nützen. Für viele Hunde gehören Suchspiele und die sog. „Nasenarbeit“ dazu. Einige Hunde werden durch solche Tätigkeiten sehr aufgeregt. Für diese Hunde kann es eine Lösung sein, jede Aufgabe nur kurz oder nur einmal durchzuführen. Einzelne Hunde werden durch solche Beschäftigungen jedoch so aufgeregt, dass ganz darauf verzichtet werden sollte.


Die aufgeführten Maßnahmen sind diejenigen, die mir am wichtigsten erschienen. Es gibt sicher noch weitere. So können schulmedizinische Medikamente und eine Diät hilfreich sein.


Quelle: Akademie für Tiernaturheilkunde
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Verfasst am:     Titel: Anzeige    

 
Anja O`Glendence
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BeitragVerfasst am: 30.8.2012, 11:46    Titel:    

Sehr interessant danke1.gif

Ich habe einen hyperaktiven Hund, er nervt mich zwar nicht, aber einige der anderen Hunde - für Barclay ist er inzwischen ein "rotes Tuch" geworden - was für einigen Zündstoff im Rudel sorgt Traurig

Agility hatte ich auch schon angedacht, aber meine OG ist leider zu weit weg, ich könnte es nicht regelmäßig machen - was wahrscheinlich kontraproduktiv wäre.

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