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11.10.2024, 10:43 |
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Augenkrankheiten, die zur Erblindung führen können Verfasst am: 11.10.2006, 13:31 |
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Anatomie
Augenquerschnitt:
Hornhaut: Durchsichtige, klare Schicht
Bindehaut: Schutzschleimhaut, welche die Innenseite der Lider und den vorderen Bereich des Augapfels bis zur Hornhaut bedeckt.
Lederhaut:Äussere weisse Augenbegrenzung. An ihrer Innenseite liegt die Aderhaut, die für die Ernährung der Netzhaut wichtig ist.
Augenkammer (vordere und hintere): Mit Kammerwasser gefüllt
Iris: Wirkt als Blende des optischen Systems und verändert die Pupillengrösse
Ziliarkörper: Produktion des Kammerwassers
Linse: Durch feine Fasern am Ziliarkörper befestigt, bündelt die Lichtstrahlen auf die Netzhaut.
Glaskörper: Gallertige Masse vor der Netzhaut
Netzhaut: Mit den Sehrezeptoren (Stäbchen und Zapfen)
Sehnerv: Überträgt die Informationen der Sehrezeptoren ans Gehirn
1. Hornhauterkrankungen
Im Folgenden werden drei verschiedene Arten von Hornhautentzündungen besprochen, die normalerweise zur Erkrankung beider Augen führen. Bei fehlender Behandlung wachsen Gefässe und Zellen in die Hornhaut ein und führen zur Trübung der Hornhäute, die das Sehvermögen stark beeinträchtigt.
Oberflächliche Hornhautentzündung („Schäferhundekeratitis“)
Die Krankheit tritt meist im Alter von 4 - 5 Jahren auf. Im Frühstadium wachsen Blutgefässe in die äussere Hälfte der Hornhaut ein, danach auch Entzündungs- und Pigmentzellen. Im Endstadium ist die gesamte Hornhautoberfläche mit Gefässen und Zellen durchwachsen und undurchsichtig. Starkes Sonnenlicht (im Sommer, in Regionen über 1000 m ü. M.) begünstigt die Entzündungsreaktion.
Schäferhunde und Schäferhundemischlinge sind am häufigsten betroffenen, daher die Bezeichnung „Schäferhundekeratitis“. Daneben wurde das Krankheitsbild auch beim Greyhound, Siberian Husky, Border Collie und Dackel beobachtet. Störungen des lokalen Abwehrsystems scheinen die Entzündungsreaktionen auszulösen.
Eine frühzeitige Behandlung mit entzündungshemmenden Augenmedikamenten kann normalerweise eine Erblindung verhindern. Eine Dauertherapie ist jedoch nötig.
Keratitis pigmentosa (Pigmentierte Hornhaut)
Bei dieser Hornhautentzündung steht die Pigmentierung der Hornhaut im Vordergrund. Betroffen sind vor allem sog. brachycephale Rassen wie der Mops, Shih Tzu und Pekingese. Neben chronischen Irritationen durch die Haare der Nasenfalten, Einrollen der Unterlider im Nasenbereich, ungenügendem Lidschluss und fehlwachsenden Wimpern scheint auch hier eine Störung des lokalen Immunsystems die Entzündung der Hornhaut zu begünstigen.
Eine Langzeitbehandlung mit Entzündungshemmern ist nötig, um das Pigment aufzulockern und Sehbeschwerden zu verhindern. Chirurgische Korrekturen der Lidstellung, Lidverkürzung und / oder Entfernung von fehlwachsenden Wimpern können die medikamentöse Behandlung unterstützen.
Keratitis sicca (trockenes Auge)
Beim trockenen Auge handelt es sich um eine mangelhafte Tränenproduktion. In den meisten Fällen werden die Tränendrüsen durch Entzündungsprozesse zerstört. Der Mangel an Tränenflüssigkeit führt zu chronischen Entzündungsreaktionen von Binde- und Hornhaut. Am häufigsten betroffen ist der English Cocker Spaniel, gefolgt vom West Highland White Terrier. Eine Rassenprädisposition scheint aber auch bei der Englischen Bulldogge und dem Yorkshire Terrier zu bestehen. Die Keratitis sicca tritt häufiger bei Hunden über 7 Jahren auf. Ciclosporin-Augensalbe kann vor allem im Frühstadium der Erkrankung die Tränensekretion erhöhen. Tränenersatzpräparate helfen mit die Reizung zu lindern und sollten mehrmals täglich angewendet werden. In chronischen, nicht kontrollierbaren Fällen wachsen Blutgefässe und Pigmentzellen in die Hornhaut und führen zu Sehbehinderungen. Bei therapieresistenten Fällen kann eine chirurgische Verlegung des Speicheldrüsenganges in die Augen vorgenommen werden.
2. Erkrankungen der Linse
Die Linse bündelt die Lichtstrahlen. Trübungen der Linse (grauer Star) oder die Verlagerung der Linse (Linsenluxation) können unbehandelt zur Erblindung führen.
Linsenluxation (Linsenverlagerung)
Die Linsenverlagerung tritt vor allem bei Terrierrassen (Jack Russell Terrier, Deutscher Jagdterrier) auf. Es wird vermutet, dass die Fasern, welche die Linse hinter der Iris in Position halten, bei den betroffenen Hunden fehlerhaft entwickelt sind. Dies führt zu einem frühzeitigen Verlust der Haltefähigkeit im Alter von 3 - 5 Jahren. Normalerweise tritt die Linsenluxation beidseitig auf. Das zweite Auge erkrankt meistens innerhalb eines Jahres.
Die Verlagerung der Linse durch die Pupille in den vorderen Augenbereich führt zu einer Erhöhung des Augendrucks. Nur durch das rasche Entfernen der Linse besteht eine Chance, eine vollständige Erblindung zu verhindern.
Grauer Star (Katarakt)
Unter einem Katarakt versteht man jede Form von Trübung der Linse oder der Linsenkapsel. Linsentrübungen können durch Schädigungen während der Entwicklung, durch Verletzungen und Entzündungen, durch Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und Netzhauterkrankungen verursacht werden. Eine erbliche Veranlagung ist häufig. Die Liste der betroffenen Rassen ist lang. Nur bei ausgedehnten und beidseitigen Linsentrübungen wird das Sehvermögen merklich eingeschränkt.
Die Operation einer getrübten Linse wird heute mittels so genannter Phakoemulsifikation durchgeführt. Dabei wird die Linse durch Ultraschallwellen in kleine Stücke zertrümmert und abgesaugt. Bei den Operationspatienten handelt es sich oftmals um ältere Hunde. Für einen chirurgischen Eingriff kommen Tiere mit gutem Allgemeinbefinden in Frage, bei denen Erkrankungen der Netzhaut (Netzhautablösung, Netzhautdegenerationen, Netzhautentzündungen) ausgeschlossen werden können.
Grüner Star (Glaukom)
Der Grüne Star ist eine Augenerkrankung, die mit einem erhöhten Augendruck zusammenhängt. Vom Primärglaukom, bei dem eine angeborene Veränderung des Abflusswinkels (Goniodysplasie) vorhanden ist, unterscheidet man das Sekundärglaukom, welches durch Entzündungen, Blutungen, Linsenverlagerungen und Tumore ausgelöst wird.
Bei verschiedenen Rassen besteht eine Disposition (Veranlagung) für einen angeboren veränderten Abflusswinkel. Ein Hund mit verändertem Kammerwinkel trägt ein erhöhtes Risiko, am Grünen Star zu erkranken.
Das Glaukom ist ein Notfall. Es tritt häufig akut auf. Die Bindehaut ist gerötet und die darunter liegenden Blutgefässe sind gestaut. Die Hornhaut ist getrübt und die Pupille weit geöffnet. Die befallenen Hunde zeigen unterschiedliche Schmerzanzeichen. Diese reichen von Blinzeln über Zukneifen der Lider bis zu reduziertem Allgemeinbefinden. Das Sehvermögen kann innert 2 - 3 Tagen vollständig zerstört sein. Die Behandlung des akuten Glaukoms wird mit drucksenkenden Medikamenten und chirurgischen Eingriffen durchgeführt. Der Langzeiterfolg ist oft frustrierend. Zu berücksichtigen ist das Partnerauge. Ein Druckanstieg ist auch in diesem Auge innert den folgenden 2 - 3 Jahren sehr wahrscheinlich. Ihm gilt es grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Regelmässige Augendruckkontrollen ermöglichen einen langsamen Druckanstieg frühzeitig zu erkennen und mit begleitender drucksenkender Behandlung das Sehvermögen möglichst lange zu erhalten.
3. Netzhauterkrankungen
Beidseitige, ausgedehnte Netzhautveränderungen führen zur starken Einschränkung des Sehvermögens oder zur Erblindung. Krankheitsprozesse, die im Netzhautbereich ablaufen, sind nicht schmerzhaft und werden daher in den Anfangsstadien oft übersehen.
Netzhautentzündungen und Netzhautablösungen
Netzhaut und Aderhaut sind bei Entzündungen meistens gemeinsam betroffen. Ist die Iris als Bestandteil der Aderhaut bei der Entzündung mitbetroffen, sind Krankheitsanzeichen wie Rötung der Bindehaut, Trübung des Auges und Schmerzanzeichen (z. B. Zukneifen der Lider) zu beobachten. Ist die Entzündung nur auf den hinteren Augenbereich beschränkt, können von aussen sichtbare Anzeichen völlig fehlen.
Netzhautentzündungen können verschiedene Ursachen haben. Neben immunbedingten Störungen können Infektionen durch Viren (z. B. Staupe) und Bakterien, Blutparasiten (z. B. Ehrlichiose), Protozoen (z. B. Toxoplasmose, Leishmaniose) und Tumore (Lymphom) die Netzhaut schädigen. Mit dem raschen Erkennen des Problems und Einleiten einer spezifischen Behandlung kann je nach Grundursache das Sehvermögen erhalten werden.
Akute Netzhautdegeneration
Bei der akuten Netzhautdegeneration handelt es sich um eine Störung der Photorezeptoren, die zur plötzlichen Erblindung führt. Die Pupillen sind weit geöffnet und reagieren kaum mehr auf Lichteinfall. Diese Erkrankung kann bei allen Hunden vorkommen und tritt im mittleren bis höheren Alter auf. Die Ursache ist unbekannt. Eine Behandlung gibt es nicht. Veränderungen der Netzhaut werden erst nach Wochen oder Monaten nach dem Erblinden sichtbar.
Progressive Retinaatrophie (PRA)
Unter der PRA versteht man eine Gruppe von verschiedenen, erblichen Photorezeptorenerkrankungen, die normalerweise zur Erblindung des Patienten führen. Der Vererbungsmodus ist fast ausnahmslos autosomal rezessiv, d. h. beide Elternteile sind Träger des PRA-Gens.
Eine anfangs zunehmende Dämmerungsschwachsichtigkeit und Nachtblindheit führt mit fortschreitender Erkrankung zur Verschlechterung des Tagessehens und allmählicher Erblindung.
Beim Irish Setter, Collie und Zwergschnauzer gibt es eine Frühform dieser Erkrankung, bei der Netzhautveränderungen schon im Alter von wenigen Monaten beobachtet werden können. In Mitteleuropa wird jedoch am häufigsten die späte Form der PRA beobachtet, bei der Veränderungen erst mit 3 - 4 Jahren auftreten. Die Hunde erblinden mit 7 - 9 Jahren. Betroffene Rassen sind die Zwerg- und Mittelpudel, Cocker Spaniel, Entlebucher und Labrador Retriever, um nur einige Rassen zu nennen.
Anhand von Gentests, die bereits beim Welpen durchgeführt werden können, besteht heute die Möglichkeit, den PRA-Trägerstatus zu bestimmen .
4. Sehnervenentzündung
Beidseitige Sehnervenentzündungen führen ebenfalls zur akuten Erblindung. Die Pupillen sind weit und starr. Verschiedene infektiöse Ursachen sind neben immunbedingten Prozessen für diese Erkrankung bekannt. Die Behandlung richtet sich nach der Grundursache und wird mit Entzündungshemmern unterstützt.
Dieser Artikel ist erschienen im Hundemagazin
Autor: Dr. med. vet. Jürg Bolliger Diplomate ECVO
Fachtierarzt für Augenerkrankungen |
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