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Die Nachfristsetzung im Tierkaufsrecht Verfasst am: 07.03.2008, 17:48 |
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RA Frank Richter
Treten Probleme bei einem Tierkauf auf, weil das Tier krank ist,
wollen viele Käufer die Tierarztkosten vom Verkäufer ersetzt haben.
Diese Ansprüche sind allerdings Schadensersatzansprüche, die es im
Kaufrecht grundsätzlich nur nach einer erfolglosen Nachbesserung
durch den Verkäufer gibt. Hierzu muss dem Verkäufer zunächst eine
Nachfrist gesetzt werden.
Wie der BGH mit Urteil vom 23. Februar 2005, VIII ZR 100/04,
entschieden hat, setzt der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz
voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene
Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat, soweit nicht einer der
gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift. Beseitigt der
Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche
Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht die
Anrechnung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für eine
Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits
gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern.
In Notfällen ist eine solche Nachfristsetzung aber entbehrlich (BGH
Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 1/05), auch wenn generell das
Erfordernis der Nachfristsetzung auch bei Tieren gültig bleibt
(Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05).
Beim Kauf eines Tieres können besondere Umstände, die die sofortige
Geltendmachung des Schadensersatzanspruches rechtfertigen, dann
vorliegen, wenn der Zustand des Tieres eine unverzügliche
tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erforderlich erscheinen
lässt, die vom Verkäufer nicht rechtzeitig veranlasst werden könnte.
Die Parteien des Verfahrens VIII ZR 1/05 stritten um Erstattung der
Kosten für die tierärztliche Behandlung eines Hundes, den der Kläger
gekauft hatte. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 7. September 2002
erwarb der Kläger von der Beklagten einen Terrier-Welpen zum Preis
von 390 €. Kurze Zeit nach der Übergabe erkrankte das Tier an
blutigem Durchfall, der durch verschiedene Bakterien verursacht
worden war. Der Kläger brachte den Welpen daher am 11. September 2002
zu einer nahen Tierarztpraxis. Für diesen Arztbesuch und für die
weiteren tierärztlichen Behandlungen, die sich bis zum 7. Oktober
2002 hinzogen, entstanden dem Kläger Kosten von insgesamt 379,39 €.
Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs hat der Kläger
vorgetragen, die festgestellte Erkrankung sei ausschließlich auf
unzulängliche und unhygienische Haltung und Behandlung des Welpen vor
der Übergabe an ihn, den Kläger, zurückzuführen. Er habe mit dem etwa
30 km entfernt wohnenden Beklagten telefonisch Verbindung aufnehmen
wollen; dabei habe er den Beklagten von der Erkrankung des Welpen in
Kenntnis gesetzt und dieser habe ihm zum Abwarten geraten. Im übrigen
sei eine Fristsetzung zur Nachbesserung entbehrlich gewesen, weil
Gefahr im Verzug bestanden habe.
Der BGH urteilte, dass der Kläger von dem Beklagten Ersatz seiner
Aufwendungen für die tierärztliche Behandlung des Welpen verlangen
könne; eine vorherige (erfolglose) Nachfristsetzung war unter den
besonderen Umständen des Falles ausnahmsweise entbehrlich.
Nach den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen ist der BGH davon
ausgegangen, dass es sich bei der ersten tierärztlichen Behandlung um
eine Notfallmaßnahme handelte, die aus damaliger Sicht keinen
Aufschub duldete und auch einen Transport des erkrankten Hundes zum
Beklagten nicht zuließ. Wie die Sachverständige nach den
Feststellungen des Amtsgerichts, in ihrem schriftlichen Gutachten und
bei ihrer mündlichen Anhörung erläutert hat, war die sofortige
tierärztliche Behandlung bei dem Welpen geboten und erforderlich,
auch wenn sich bei der Erstuntersuchung herausstellte, dass eine
lebensbedrohliche Erkrankung nicht vorlag.
Unter diesen Umständen war der Kläger nicht gehalten, und es war ihm
auch nicht zumutbar, mit dem Tier im Auto eine Strecke von 30 km
zurückzulegen, um den Welpen zu dem Beklagten zurückzubringen, damit
dieser nunmehr die nötigen tierärztlichen Untersuchungen selbst
einleiten konnte. Die gesetzlich vorgeschriebenen Interessenabwägung
ist etwa dann zugunsten des Käufers vorzunehmen, wenn bei einem mit
der Nachfristsetzung notwendigerweise verbundenen Zeitverlust ein
wesentlich größerer Schaden droht als bei einer vom Gläubiger sofort
vorgenommenen Mängelbeseitigung. Dieser Gedanke ist auch für den
vorliegenden Fall heranzuziehen, in dem bei einem Zeitverlust die
Gefahr eines größeren Schadens drohte und überdies Gesichtspunkte des
Tierschutzes ein sofortiges Handeln erforderlich machten.
Durfte der Kläger danach die tierärztliche Behandlung des erkrankten
Welpen veranlassen, ohne vorher den Verkäufer zur Durchführung einer
solchen Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert zu
haben, so gilt dies in gleicher Weise auch für die weiteren
notwendigen tierärztlichen Behandlungstermine. Eine Aufforderung des
Verkäufers zur weiteren Nachbesserung mit der Möglichkeit, den
behandelnden Tierarzt zu wechseln, war unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen entbehrlich. Bei der medizinischen
Behandlung eines akut erkrankten Tieres, die sich über einen Zeitraum
von 4 Wochen hinzieht, erscheint dem BGH ein derartiger Wechsel für
den Käufer unzumutbar und unzweckmäßig. Das gilt umso mehr, wenn sich
die Kosten der Behandlung in Grenzen halten und in gleicher Höhe auch
angefallen wären, wenn nach entsprechender Aufforderung des Klägers
die medizinisch gebotene weitere Behandlung des Welpen durch den
Verkäufer veranlasst worden wäre. Bei einem Wechsel des Tierarztes
wären möglicherweise sogar Mehrkosten entstanden, weil dieser nicht
an eine eigene Erstuntersuchung hätte anknüpfen können.
Aus dieser Entscheidung ist daher abzuleiten, dass in eng umgrenzen
Ausnahmefällen auf eine Nachfristsetzung ganz verzichtet werden kann.
Interessanter dürfte die Entscheidung aber für die Frage sein, wie
lang eine Frist bemessen sein muss, um noch angemessen zu sein. So
könnte ein Käufer beispielsweise dem Verkäufer eine Frist von wenigen
Stunden oder Tagen setzen um eine dringende Maßnahme durchzuführen.
Die Abgrenzung wann eine Frist (noch) angemessen ist, wird aber von
Einzelfall zu Einzellfall variieren. Hier sollte man fachkundigen
Rat – nicht nur anwaltlichen, sondern auf vorab telefonisch
insbesondere tierärztlichen – einholen.
Denn der BGH hat in der zweitgenannten Entscheidung klargestellt,
dass grundsätzlich auf das Nacherfüllungsverlangen nicht verzichtet
werden kann.
Eine weitere wichtige Ausnahme von dem Erfordernis der
Nachfristsetzung macht der BGH, wenn der Verkäufer dem Käufer einen
Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat.
Dies gilt für den sofortigen Rücktritt (Beschluss vom 08.12.2006, AZ:
V ZR 249/05) und für die sofortige Minderung des Kaufpreises (Urteil
vom 09.01.2008, AZ: VIII ZR 210/06).
Wenn der Verkäufer einen behebbaren Mangel arglistig verschweigt, ist
im Regelfall eine Nachfristsetzung entbehrlich, denn die für eine
Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche
Vertrauensgrundlage ist meist zerstört. Entschließt sich der
Verkäufer, einen ihm bekannten Mangel nicht zu beseitigen und die
Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu veräußern, so muss man ihm
keine zweite Chance einräumen, nachdem der Mangel entdeckt ist. Dies
gilt in der Regel auch, wenn der Mangel durch einen Dritten – bspw.
einen Tierarzt – zu beseitigen wäre. Auch bei einer
Mangelbeseitigung, die durch einen vom Verkäufer auszuwählenden
Dritten vorzunehmen ist, fehlt auf Seiten des Käufers in der Regel
die für die Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche
Vertrauensgrundlage.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen
Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf.
verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf
beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht
liquide ist.
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Über den Autor:
Frank Richter, Rechtsanwalt, hat sich speziell dem Tierrecht gewidmet.
Kastanienweg 75a
D-69221 Dossenheim
Tel.: +49 - (0) 6221 - 727 4619
Fax: +49 - (0) 6221 - 727 6510
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Nähere Informationen:
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